Dringender Appell Sylter Arbeitgeber an Ministerpräsident Günther: Marschbahn-Desaster gefährdet Insel-Wirtschaft und Familienalltag
SYLT/BRADERUP – Die Geduld ist erschöpft. Ein breiter Zusammenschluss von Personal- und Betriebsräten einiger der größten Arbeitgeber der Insel Sylt (darunter Klinik, Pflege, Verkehr und Kommunalverwaltung) wendet sich in einem dringlichen, offenen Brief an Ministerpräsident Daniel Günther.
Der Appell ist klar: Das seit Langem bestehende Nahverkehrsdesaster auf der Marschbahn hat einen unhaltbaren Zustand erreicht, der die Existenzgrundlage der Insel als Wirtschaftsstandort bedroht.
Die Hauptprobleme im Überblick:
- Keine Alternative: Im Gegensatz zum Festland gibt es für tausende Pendler keinen Ersatzweg zur Arbeit.
- Soziale Notlage: Zugausfälle und extreme Verspätungen machen die Kinderbetreuung unmöglich und erzwingen in kritischen Bereichen wie Krankenhäusern und Altenpflege massive Mehrarbeit.
- Wirtschaftliche Bedrohung: Die massive Unzuverlässigkeit führt zu Abwanderung von Fachkräften und macht die Personalgewinnung zur Qual.
- Unzumutbare Zustände: Ausfallende Züge führen zu restloser Überfüllung der verbleibenden Verbindungen; Passagiere müssen regelmäßig auf den Bahnsteigen zurückbleiben.
Die unterzeichnenden Betriebs- und Personalräte, die rund 1600 Beschäftigte vertreten, fordern den Ministerpräsidenten auf, sich der Situation persönlich anzunehmen und zeitnah Lösungen für die völlig unzureichende Infrastruktur der Marschbahn zu schaffen.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Günther,
wir sind ein Zusammenschluss von Personal- und Betriebsräten einiger der größten
Arbeitgeber der Insel Sylt und vertreten derzeit etwa 1600 Beschäftigte.
Hiermit wenden wir uns an Sie, mit der Bitte, unsere Kolleginnen und Kollegen bei der
Behebung des derzeitigen Nahverkehrsdesasters der Marschbahn zu unterstützen.
Am 07.11.2017 haben wir uns schon einmal an sie gewandt und sie gebeten, sich unseres
Problems anzunehmen. Die Infrastruktur der Marschbahn hat jetzt leider einen Stand erreicht,
der nicht mehr hinnehmbar ist. Uns ist bewusst, dass dieses Problem deutschlandweit besteht.
Im Gegensatz zum Rest Deutschlands gibt es aber bei uns nicht die Möglichkeit, auf eine
andere Art und Weise den Weg zur Insel und damit zu unserer Arbeit anzutreten.
Unsere Kolleginnen und Kollegen haben sehr oft einen enormen Zeitverlust zu beklagen. Sie
haben erhebliche Schwierigkeiten, die Versorgung ihrer Kinder sicherzustellen, weil sie nicht
wissen, wann sie diese aus den Kitas abholen können. Ebenso haben unsere Kinder
Probleme, zur und von der Schule auf dem Festland zu kommen. Unsere Pendler können sehr
oft ihre Freizeit gar nicht planen, weil sie ihre Stunden, die sie morgens zu spät kommen,
selbstverständlich abends nachholen müssen, abgesehen davon, dass sie sowieso nicht
wissen, wann sie nach Hause kommen. Dies wird noch erschwert durch eine mangelnde
Informationspolitik. Oftmals, kommen die Meldungen viel zu spät in die App, obwohl die
Störungen schon lange bekannt sind.
Zwischenzeitlich leidet das Betriebsklima in unseren Betrieben, da das Verständnis zwischen
Insulanern und Pendlern für jeweilige Situation der Einzelnen sich erschöpft.
Besondere Probleme bereitet unseren Kolleginnen und Kollegen in den Krankenhäusern und
in der Altenpflege auch, dass ihre Ablösung nach oder vor dem jeweiligen Dienst nicht
rechtzeitig zur Arbeit erscheint und sie dadurch Mehrarbeit leisten müssen. Dasselbe gilt auch
für die Sylter Verkehrs-Gesellschaft, deren Busfahrer auch fahrplangebunden sind und ihren
Dienst oft nicht rechtzeitig antreten können.
Alle unsere Betriebe haben mittlerweile enorme Probleme bei der Personalgewinnung, weil
sich viele Kolleginnen und Kollegen entweder gar nicht erst auf Sylt bewerben oder die, die
bereits hier einer Arbeit nachgehen, sich um Arbeitsstellen auf dem Festland bemühen.
Mittlerweile ist es so, dass wir uns als wirtschaftlich starke Region und Jobmotor des Kreises
abgehängt fühlen.
Durch die vielen Zugausfälle sind die Züge, die dann fahren, restlos überfüllt, sodass sie
teilweise an den Bahnhöfen keine weiteren Passagiere aufnehmen können und die Menschen
auf den Bahnsteigen stehen bleiben müssen. Das ist keine Seltenheit mehr, sondern derzeit
fast schon Tagesgeschäft.
Leider mussten wir ja kürzlich der Presse entnehmen, dass der Ausbau der
Marschbahnstrecke wieder nach hinten verschoben wurde.
Es sind ja nicht nur unsere Kolleginnen und Kollegen betroffen, sondern auch unsere Gäste,
auf die wir auf unserer Insel angewiesen sind und die unsere Arbeitsplätze sichern.
Wir würden uns freuen, wenn Sie sich der geschilderten Situation persönlich annehmen und
wir zeitnah eine Antwort erhalten.
Das beigefügte Foto zeigt einige der unterzeichnenden Personal- und Betriebsräte v.l.n.r.: Jörg von Böhlen (Asklepios Nordseeklinik), Mathias Habke (Peter Jacobsen), Nicole Möller (Gemeinde Sylt), Lars Petersen (Peter Jacobsen), Dieter Schau (Sylter Verkehrsgesellschaft), Anne Hostenbach (Schulverband Sylt), Jochen Woysch (Energieversorgung Sylt) sowie Peter Harms (Gemeinde Sylt) und dient der freien redaktionellen Verwendung.
